Heute Morgen habe ich ein Geschenk bekommen. In einem kurzen Videoausschnitt mit der von mir sehr geschätzten Vera F. Birkenbihl (1946-2011) sagte sie den Satz:m „Dank ist der kleine Bruder der Liebe“.
Diese Metapher drückt aus, dass Dankbarkeit und Liebe verwandt sind. Beide bringen eine Qualität in die Gegenwart, die unsere Energie auf das Positive, das Gelingende, das Wohltuende richtet. Und da Licht immer den Schatten besiegt, ist das eine sehr hilfreiche Strategie, sich selbst zu regulieren: Die Ausrichtung auf das Gelingende und die Ressourcen in meinem Leben. Wenn wir einen dunklen Raum betreten und ein Licht anzünden, wird der dunkle Raum erhellt. Genauso ist es mit Dankbarkeit und Liebe. Sobald es uns gelingt, unsere Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wofür wir dankbar sein dürfen und was wir lieben, verschwindet die dunkle und ängstigende Stimmung und es wird „heller“ in uns, so als hätte jemand eine Kerze angezündet.
Heute darf ich dafür dankbar sein, dass mich Frau Birkenbihl daran erinnert hat, welche Kraft in der Liebe, im Licht und in der Dankbarkeit liegt. Denn es gibt immer etwas, das mein Leben erhellt. Die Aufgabe besteht darin, mich darauf einzulassen und mir Zeit dafür zu nehmen. Wofür kannst du heute dankbar sein?
Es ist manchmal nicht leicht, sich auf das einzulassen, wofür wir dankbar sein dürfen. Erheblicher Widerstand hindert uns daran, uns vom Ärger oder der Wut oder der Frustration zu lösen.
Woran mag das liegen?
Unser Nervensystem verfügt über eine Eigenschaft, die zwar wichtig aber häufig auch sehr lästig ist, die Negativitätstendenz.
Rick Hanson verwendet zur Erklärung dafür folgendes Bild. Unser Gehirn reagiert auf gute Nachrichten wie Teflon: Positive Gedanken rutschen durch, wie das Spiegelei, das man in einer Teflonpfanne brät. Es bleibt nichts in der Pfanne zurück, außer vielleicht ein paar Tropfen Fett.
Auf negative Gedanken, auf alles, was uns Angst macht oder ein Fehler sein könnte, reagiert unser Nervensystem jedoch wie ein Klettband. Alles was das Klettband berührt, bleibt daran haften und zwar scheinbar ewig: Wir erinnern uns noch Jahre später daran, dass an der Stelle, an der wir gerade vorbeikommen einmal ein Unfall geschehen ist und sehen die Bilder von damals wieder vor uns.
Diese angeborene (und gut trainierte) Negativitätstendenz will unser Leben schützen und uns vor Gefahr und Schmerz bewahren, denn bis vor relativ kurzer Zeit war es für uns Menschen lebensbedrohlich, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und für unser Nervensystem fühlt es sich immer noch bedrohlich an.
Unser Nervensystem ist also nicht darauf ausgerichtet, uns glücklich zu machen, sondern auf das unmittelbares Überleben.
Sicherheit geht vor!
So weit so gut. Aber wozu macht sich dieser Hang zur Negativität so häufig bemerkbar, wo doch unser Alltag weitgehend sicher ist?
Wir Menschen haben ein sehr feines (meist unbewusstes) Sensorium für das Soziale, Zwischenmenschliche. Und wir haben alles jemals Negative, Gefährliche und all unsere „Fehler“ (peinliche Situationen, Beschämungen, Niederlagen, Misslungenes etc.) gespeichert. Erleben wir ähnliche Situationen, kommen die alten Erfahrungen hoch und wollen uns warnen, denn Sicherheit und Überleben gehen vor!
Außerdem sind wir mit Steinzeitwerkzeug in der Hightech-Welt unterwegs, wie es Adam Gazzaley und Larry D. Rosen in ihrem Buch „Das überforderte Gehirn“ im Untertitel ausdrücken.
Mit Steinzeitwerkzeug ist unser Nervensystem gemeint, das seit vielen tausend Jahren in etwa gleich geblieben ist, nämlich auf das Überleben ausgerichtet. Was sich jedoch extrem schnell verändert hat, ist unsere Umwelt: Die Lebensgeschwindigkeit hat sich vervielfacht und die technischen Errungenschaften heizen diesen Prozess weiter an. Damit sind viele von uns ganz offensichtlich immer wieder überfordert und es braucht „Korrekturmaßnahmen“ und eine hohe Anpassungsleistung!
(K)ein Ausweg in Sicht?
Was kann uns dabei unterstützen, eine realistische Einschätzung vorzunehmen und uns selbst in möglichst vielen Lebenslagen – auch in schweren und herausfordernden Zeiten – gut zu regulieren?
Mögliche Antworten auf diese Frage liegen in Worten wie „Zeit“, „Gelassenheit“, „Achtsamkeit“. Auch sie sind schnell getippt und doch benötigt es eine innere Entscheidung, sich (endlich) dem zuzuwenden und vor allem braucht es fortwährendes Üben.
Üben, Üben, Üben…
Weil unser Gehirn darauf programmiert ist, unser Überleben zu sichern, Energie zu sparen und Schmerzen (auch Langeweile wird als Schmerz wahrgenommen) zu vermeiden, hegen wir oft Widerstand gegen alles, was wir ohne unmittelbare Belohnung und ohne unmittelbare Bedrohung tun sollen. Darum verlieren viele von uns immer wieder ihre Achtsamkeitsroutinen im Strudel der Alltagsanforderungen und auf der Suche nach Abwechslung und Abenteuer. Die Schnelligkeit unseres Alltags erhöht unsere Erwartungen und Wünsche an die „Freizeit“ und unser System bevorzugt „schnelle Kicks“ vor dem „langsamen Herunterkommen“.
Dabei sind es gerade Langsamkeit, Zeit und Ruhe, die Raum in uns schaffen können für Muße und die Fähigkeit, nach Innen zu spüren und die eigenen „wahren“ Bedürfnisse zu erforschen.
Eine Möglichkeit, die inneren Widerstände zu überwinden und aus der Haltung der „Anforderung“ in eine Haltung des Übens zu kommen ist eine äußere Struktur, eine Gruppe, LehrerInnen, die sanft und klar immer wieder einladen, dorthin zu gehen, wo das Wohlwollen und die Zufriedenheit wohnen.
Lust auf MEHR?
Ganz besonders dazu geeignet, zu einer nachhaltigen Veränderung der inneren Haltung zu gelangen, sind regelmäßige Übungseinheiten. Dafür bieten wir regelmäßig den 8-Wochen-Kurs „Achtsames Selbstmitgefühl“ an. Auch kürzere Impulse können hilfreich sein, bitte beachte dazu unsere Terminseite mit allen Infos auf einen Blick. Es gibt für (fast) alle Veranstaltungen einen Frühbucherbonus!
(Dieser Text wurde erstmals im März 2025 im Newsletter von Susanne und Martin veröffentlicht.)
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